PRIVATKLAGEVERFAHREN
Privatklagedelikte sind solche Delikte zu deren Verfolgung durch den Verletzten es nicht der vorhergehenden Anrufung der Staatsanwaltschaft bedarf. Die Privatklagedelikte sind in § 374 StPO abschließend aufgeführt:
1. Hausfriedensbruch (§123 StGB)
2. Beleidigung (§§ 185 – 189 StGB), soweit diese nicht gegen ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes, oder einer anderen politischen Körperschaft der Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist.
3. Verletzung des Briefgeheimnisses (§ 202 StGB)
4. Körperverletzung (§§ 223 – 229 StGB)
5. Nachstellung (§ 238 Abs.1 StGB) oder Bedrohung (§ 241 StGB)
6. Bestechlichkeit oder Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB)
7. Sachbeschädigung (§ 303 StGB)
8. Vollrausch (§ 323 a StGB), wenn die im Rausch gegangene Tat eines der unter den Ziff. 1 bis 7 aufgeführten Vergehen ist
9. Strafbare Werbung (§ 16 UWG), Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (§17 UWG), Verwertung von Vorlagen (§18 UWG) und Verleiten und Erbieten zum Verrat (§19 UWG)
10. Verletzung von Patentrechten (§ 142 Abs.2 PatG), Verletzung von Gebrauchsmusterrechten (§ 25 Abs. 1 GebrMG), Verletzung von Schutzrechten für Topographien (= dreidimensionale Strukturen von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen) (§ 10 Abs. 1 HalblSchG), Verletzung von Sortenschutzrechten (§ 39 Abs. 1 SortSchG), Verletzung von Markenrechten (§§ 143 Abs. 1, 143 a Abs. 1, 144 Abs.1 MarkenG), Verletzung von Designschutzrechten (§§ 51 Abs. 1, 65 Abs.1 DesignG), Urheberechtsverletzungen (§§ 106 bis 108, 108 b Abs. 1 und 2 UrhG), Verletzung des Rechts am eigenen Bild (§ 33 KunstUrhG).
Mit Ausnahme der Bedrohung nach § 241 StGB handelt es sich bei den Privatklagedelikten ausschließlich um sogenannte Antragsdelikte.
Nach Abschluss der Ermittlungen prüft die Staatsanwaltschaft, ob ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Wird ein solches von der Staatsanwaltschaft bejaht, erhebt diese die öffentliche Klage gegen den Beschuldigten (§ 376 StPO). Ein öffentliches Interesse wird in der Regel vorliegen, wenn der Rechtsfrieden über den Lebenskreis des Verletzten hinaus gestört und die Strafverfolgung ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit ist, z.B. wegen des Ausmaßes der Rechtsverletzung, wegen der Rohheit oder Gefährlichkeit der Tat, der niedrigen Beweggründe des Täters oder der Stellung des Verletzten im öffentlichen Leben. Ist der Rechtsfrieden über den Lebenskreis des Verletzten hinaus nicht gestört worden, so kann ein öffentliches Interesse auch dann vorliegen, wenn dem Verletzten wegen seiner persönlichen Beziehung zum Täter nicht zugemutet werden kann, die Privatklage zu erheben, und die Strafverfolgung ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit ist (Abschnitt 86 RiStBV).
Wird ein solches öffentliches Interesse nicht bejaht, wird die Staatsanwaltschaft den Verletzten auf den Privatklageweg verweisen. Privatklageberechtigt ist grundsätzlich der Verletzte. Bei manchen Delikten kann die Durchführung eines Sühneverfahrens erforderlich sein (§ 380 StGB).
Wie bei den bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten kann der Kläger auch im Privatklageverfahren bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 114 ZPO Prozesskostenhilfe beantragen (§ 379 Abs. 3 StPO). Der Privatkläger ist, soweit ihm nicht Prozesskostenhilfe bewilligt wurde zur Einzahlung eines Gebührenvorschusses verpflichtet (§ 379a StPO i. V. m. § 16 Abs. 1 GKG).
Die Klage ist beim Strafrichter des örtlich zuständigen Amtsgerichts zu erheben (§ 25 Nr. 1 GVG). Die Erhebung kann wahlweise durch Einreichung einer dem § 200 StPO entsprechenden (An-) Klageschrift erfolgen, die mit zwei Abschriften einzureichen ist (§ 381 S.1 Alt.2, S.2, 3 StPO), oder durch mündliche Erhebung der Klage zu Protokoll der Geschäftsstelle (§ 381 S.1 Alt.1 StPO) erfolgen.
Ist die Klage ordnungsgemäß erhoben worden, wird die Klage dem Beschuldigten zugestellt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben (§ 382 StPO).
Nach Eingang der Erklärung des Beschuldigten bzw. nach Ablauf der ihm hierfür gesetzten Frist, entscheidet das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahren oder die Zurückweisung der Klage (§ 383 StPO). Hierbei werden der Prüfung über die Eröffnung des Hauptverfahrens die gleichen Vorschriften zugrunde gelegt, die bei der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens einer von der Staatsanwaltschaft erhobenen Anklage angewandt werden (§ 383 StPO).
Bei geringer Schuld des Beschuldigten kann das Gericht das Verfahren einstellen (§ 383 Abs. 2 StPO). Der Verfahrensablauf gestaltet sich dann im Wesentlichen ähnlich dem oben bereits dargestellten Ablauf des Hauptverfahrens bei einer von der Staatsanwaltschaft erhobenen Anklage (§ 384 StPO). Einzelheiten, wie bspw. die Verlesung des Anklagesatzes, werden durch die Verlesung des Eröffnungsbeschlusses durch den Vorsitzenden ersetzt.