VERKEHRSSTRAFRECHT
Die Vorschriften des Verkehrsstrafrechts sind vorwiegend im 28. Abschnitt des Strafgesetzbuches in den §§ 315 ff. StGB normiert. Daneben können ferner weitere Straftatbestände durch Eingriffe im Verkehr erfüllt werden, beispielsweise die fahrlässige Tötung (§ 222 StGB), die fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB), unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB) oder die unterlassene Hilfeleistung als Verkehrsteilnehmer (§ 323c StGB). Ergänzende Vorschriften enthält zudem das Straßenverkehrsgesetz (StVG). Entscheidend ist stets, dass sowohl der objektive Tatbestand, mithin die äußerlich erkennbaren Umstände der Tat, als auch der subjektive Tatbestand, d.h. die Intention des Täters zur Begehung der Tat, erfüllt sein müssen und die Tat weder gerechtfertigt noch entschuldigt ist. Zu beachten ist ferner, dass bei tätiger Reue des Täters, das Strafmaß gem. § 320 StGB gemildert bzw. herabgesetzt werden kann.
§ 315 StGB - Gefährlicher Eingriff in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr
§ 315 StGB behandelt Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr. Die Vorschrift soll insbesondere die Rechtsgüter Leben, Gesundheit und Eigentum vor Verletzungen schützen und die Sicherheit des Bahn-, Schiffs- und Luftverkehrs gewährleisten. Eingriffe können durch Hindernisse, falsche Zeichen oder Beschädigung der Beförderungsmittel vorliegen. Der Straftatbestand dieser Norm kann beispielsweise durch das Legen einer Gleissperre auf die Bahnschienen oder durch das Versperren der Landebahn eines Flugzeugs erfüllt werden. Bei verwerflicher persönlicher Absicht des Täters oder dem Eintritt einer schweren Gesundheitsschädigung beim Opfer, ist eine Strafverschärfung in Absatz 3 vorgesehen.
§ 315a StGB – Gefährdung des Bahn-, Schiffs- und Luftverkehrs
§ 315a StGB schützt ebenfalls die Rechtsgüter Leben, Gesundheit und Eigentum vor Verletzungen. Jedoch richtet sich diese Vorschrift an die Fahrzeugführer, beispielsweise an Piloten eines Flugzeugs. Erfüllt wird der Straftatbestand zum einen durch das Führen des Fahrzeugs unter Alkohol- oder Rauschmitteleinfluss und zum anderen durch die Verletzung von Rechtsvorschriften zur Verkehrssicherung. Hinzukommen muss dabei stets die Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen oder fremder, wertvoller Sachen. Allgemeine Grenzwerte für die Fahruntüchtigkeit aufgrund von Alkoholeinfluss sind, anders als für den Straßenverkehr, nicht einheitlich bestimmt. Als Strafmaß für die Erfüllung des Tatbestandes ist eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorgesehen.
§ 315b StGB – Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr
Geschützt werden ebenfalls die Rechtsgüter Leben, Gesundheit, Eigentum und ferner die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs. Die Vorschrift umfasst Gefährdungen des Straßenverkehrs, die im - Gegensatz zu § 315c StGB - nicht durch verkehrswidriges Verhalten herbeigeführt werden, sondern durch verkehrsfremde Eingriffe („Eingriffe von außen“) verursacht werden. Öffentlicher Straßenverkehr ist nicht nur auf öffentlichen Straßen, sondern auch auf Parkplätzen von Restaurants (unbeachtlich der Öffnungszeiten), Tankstellengeländen, und Parkplätzen eines Einkaufsmarktes gegeben. Durch das Werfen eines Holzblocks von einer Autobahnbrücke auf die darunter fahrenden Fahrzeuge hinab oder das Spannen eines Drahtes über der Fahrbahn, kann der Straftatbestand erfüllt werden. Ebenso erfasst werden ähnliche gefährliche Eingriffe, beispielsweise das Anbringen eines Einbahnstraßenschildes in entgegengesetzter Fahrtrichtung. Durch die Tathandlungen muss ferner eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben einer anderen Person oder für eine fremde Sache von bedeutendem Wert herbeigeführt werden. Gefahr für Leib oder Leben liegt bei drohender Gesundheitsschädigung oder dem drohenden Tod eines anderen Menschen vor. Ein bedeutender Wert wird einer Sache ab ca. 1.300€ beigemessen. Die Gefährdung muss dabei konkret vorliegen, d.h. dass der Nichteintritt der Verletzung einem Zufall gleichkommen müsste.
§ 315c StGB – Gefährdung des Straßenverkehrs
§ 315c StGB behandelt lediglich Gefährdungen des Straßenverkehrs durch verkehrsinternes Verhalten. Die Vorschrift richtet sich insbesondere an Kraftfahrzeugführer (Autofahrer, Motorradfahrer) und an Fahrradfahrer. Geschützt werden die Rechtsgüter Leben, Gesundheit und Eigentum. In Betracht kommende Handlungen sind das Führen des Fahrzeugs im fahruntüchtigen Zustand (Nr. 1) und das Vorliegen eines Verkehrsverstoßes aufgrund grob verkehrswidrigen, rücksichtslosen Verhaltens (Nr. 2). Ferner muss dadurch eine konkrete Gefahr geschaffen werden. Dabei ist insbesondere die Begrifflichkeit des „Führens“ entscheidend. Erforderlich ist, dass das Fahrzeug in Bewegung gesetzt wird oder es unter Handhabung seiner technischen Vorrichtung während der Fahrbewegung gelenkt wird. Das bloße Anlassen des Motors oder Lösen der Bremsen genügt dabei nicht. Fahruntüchtigkeit liegt vor, wenn der Führer nicht fähig ist, eine längere Strecke so zu steuern, dass er den Anforderungen des Straßenverkehrs, d.h. auch den schwierigen und plötzlich auftretenden Ereignissen, gerecht wird. Für die Fahruntüchtigkeit infolge von Alkoholkonsum wurden Grenzwerte entwickelt, dieser liegt bei KFZ-Führern bei 1,1 %o und bei Fahrradfahrern bei 1,6 %o. Sobald dieser Wert der Blutalkoholkonzentration erreicht ist, wird von einer absoluten Fahruntüchtigkeit ausgegangen, ohne dass weitere Ausfallerscheinungen hinzukommen müssen. Die Nr. 2 führt die sog. „Sieben Todsünden“ im Straßenverkehr auf. Diese setzen sich aus einem Verkehrsverstoß nach Nr. 2 a) –g) und dem grob verkehrswidrigen und rücksichtslosen Verhalten des Täters zusammen. Verkehrsverstöße sind das Nichtbeachten der Vorfahrt, das falsche Fahren beim Überholvorgang und an Fußgängerüberwegen, zu schnelles Fahren, das Nichteinhalten der rechten Fahrbahnseite, und das Wenden und Rückwärtsfahren auf einer Autobahn oder Kraftfahrstraße. Kennzeichnend für die Rücksichtslosigkeit sind insbesondere eigennützigen Motive. Als Beispiele gelten vor allem die Geisterfahrerfälle, d.h. wenn die Unfallverursachung auf das Fahren entgegen der Fahrtrichtung auf der Autobahn zurückzuführen ist. Das Strafmaß ist auf eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe festgesetzt.
§ 315d StGB – Schienenbahnen im Straßenverkehr
Diese Vorschrift bestimmt, dass sofern die Schienenbahnen (beispielsweise Straßenbahn in der Innenstadt) am normalen Straßenverkehr teilnehmen, die §§ 315b, 315c StGB zusätzlich anwendbar sind. Die Norm ist in der Praxis von geringerer Bedeutung.
§ 316 StGB – Trunkenheit im Verkehr
Schutzgüter sind ebenfalls Leben, Gesundheit, Eigentum und die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs. Erfüllt wird der Tatbestand durch das Führen eines Fahrzeugs im fahruntüchtigen Zustand. Dabei kommt es nicht auf die Motorisierung an, vielmehr kommen neben Autos und Schienenfahrzeugen auch Fahrräder und Segelboote in Betracht. Anders als in § 315c StGB genügt hier der erhebliche Alkohol- bzw. Rauschmitteleinfluss, zu einem Unfall muss es vorliegend nicht kommen. Entscheidend ist, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des Fahrers durch den Alkohol- oder Drogenkonsum herabgesetzt ist, und er dadurch nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Dabei können sowohl biologische Faktoren wie die Sehkraft, emotionale Umstände wie überhöhte Risikobereitschaft als auch kognitive Aspekte wie die Konzentrationsfähigkeit eine Rolle spielen. Die Fahruntüchtigkeit muss auf den Alkohol- oder Rauschmittelkonsum kausal zurückzuführen sein und darf nicht ausschließlich auf anderen, tätereigenen Eigenschaften beruhen. Die verminderte Leistungsfähigkeit kann beispielsweise bei leichtsinnigem Überholen oder Fahren in Schlangenlinien gegeben sein.
§ 316a StGB – Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer
Schutzgüter des § 316a StGB sind das Eigentum, die Willensfreiheit der anderen Person und die Sicherheit des Straßenverkehrs. Die Vorschrift geht auf das während des Nationalsozialismus eingeführte Autofallenraubgesetz aus dem Jahr 1938 zurück. Grund für den Erlass war, dass in jener Zeit vermehrt Fälle auftraten, in denen Täter Stahlseile zwischen den Bäumen einer Allee spannten und die Verunglückten ausraubten. Charakteristikum dieser Vorschrift ist, dass die besonderen (gefährlichen) Verhältnisse des Straßenverkehrs ausgenutzt werden, um dadurch einen Raub oder ein raubähnliches Delikt zu begehen. Opfer der Tat können stets lediglich der Fahrer eines Kraftfahrzeugs und sein(e) Beifahrer sein. Tathandlung kann der Angriff auf Leib, Leben oder die Entschlussfreiheit des Fahrzeugführers bzw. des Mitfahrers sein. Problematiken entstehen, wenn das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Angriffs nicht (mehr) in Bewegung ist. Sofern es sich lediglich um einen verkehrsbedingten Halt (bspw. Halten an einer roten Ampel oder Stoppschild) handelt, ist dies für die Bejahung des Tatbestandsmerkmals „Führen des KFZ“ unschädlich. Wer sich außerhalb des Fahrzeugs befindet, ist hingegen nicht mehr taugliches Opfer im Sinne der Vorschrift. Erfüllt werden kann der Straftatbestand beispielsweise durch das Bedrohen eines Taxifahrers während der Fahrt unter vorgehaltener Waffe zur Herausgabe seines Geldes. Das Strafmaß ist auf eine Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren festgelegt. Wird durch die Tat der Tod des Opfers oder eines anderen bislang unbeteiligten Dritten nur leichtfertig, d.h. fahrlässig, verursacht, droht sogar eine lebenslange Freiheitsstrafe.
§ 316b StGB - Störung öffentlicher Betriebe
Diese Norm soll Betriebe, welche für die Allgemeinheit von hoher Bedeutung sind, vor Eingriffen schützen. Umfasst werden beispielsweise Wasserwerke, Feuerwehrautos, Krankenhäuser, Anlagen der Polizei. Eingriffe können Zerstörung, Beschädigung oder Beseitigung der lebenswichtigen Betriebe sein.
§ 316c StGB - Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr
Schutzgut dieser Vorschrift ist die Sicherheit des zivilen Luft- und Seeverkehrs, folglich auch Leib, Leben und Freiheit der daran teilnehmenden Menschen. Staats-, Militär-, Zoll- oder Polizeifahrzeuge des Luft- oder Seeverkehrs sind aus dem Tatbestand ausgenommen. Tathandlungen sind solche der Gewaltanwendung oder solche, die die Entschlussfreiheit der Opfer beeinträchtigen, welche in der Absicht vorgenommen werden, die Herrschaft über die Fahrzeuge zu erlangen oder auf deren Führung einzuwirken. Als Beispiele für die Erfüllung der Norm können das Querstellen eines LKW zur Verhinderung des Flugzeugabflugs oder die Geiselnahme der Schiffsbesatzung genannt werden. Eine Tat nach § 316c StGB kann jedoch in einigen Fällen durch Notwehr oder Amtsrechte gerechtfertigt sein, wenn beispielsweise Seepiraten sich des Schiffes bemächtigt haben und ihnen die Herrschaft wieder abgenommen werden soll.